Die letzten Tage und Wochen haben wieder einmal gezeigt, dass wir Angler mit unserem Hobby immer mehr und mehr ins Visier der Tierschützer rücken. Während wir auf den Fisch verzichten, der ja das eigentliche Ziel beim Angeln ist, rücken wir als Angler selbst immer häufiger auf den Speiseplan von PETA und Co. und werden ordentlich „abgefrühstückt“, wie man so schön sagt. Aber warum ist das so? Der folgende Beitrag soll etwas Licht ins Dunkel bringen.
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Denn der Duft einer in der Pfanne goldbraun gebackenen Forelle Müllerin ist zu verlockend…
Also wo am besten anfangen? – Meiner Meinung und Erfahrung nach gibt es inzwischen drei verschiedene Typen von Anglern. Das sind die klassischen Kochtopfangler, deren krasser Gegenpol, die Angler, welche Catch & Release praktizieren und Angler, die sich irgendwo mittendrin bewegen.
Der klassische Kochtopfangler ist ein geschichtlich gewachsener Stereotyp. Die Fischerei wurde in Vergangenheit immer zum Zwecke der Nahrungsbeschaffung praktiziert, auch die Angelfischerei. Es gibt nichts Besseres als einen fangfrisch zubereiteten Fisch auf dem Teller. Viele Angler freuen sich über die kulinarische Bereicherung auf dem heimischen Tisch. Ich selbst nehme mich da nicht aus, denn der Duft einer in der Pfanne goldbraun gebackenen Forelle Müllerin ist zu verlockend – dazu etwas frisches Brot und ein Glas Wein und die Welt ist in Ordnung.
Allerdings kommt das Modell Kochtopfangler in die Jahre und wird zusehends hinterfragt. Heute sind Angler nicht nur Nutzer der Natur. Wer seinen Nutzen aus etwas zieht, der muss dafür auch etwas tun. Um die gesellschaftliche Akzeptanz des Angelns zu erhalten und zu fördern begann in den vergangenen Jahren eine Neuausrichtung der Anglerschaft. Angler wurden zu Naturschützern. Klar, dass sich der Kochtopfangler nicht mehr ganz so gut in dieses Konzept fügt. Insbesondere die extremen Exemplare, die auf Heller und Pfennig ihren materiellen Einsatz ausrechnen und diesen Geldwert in Fisch aufwiegen wollen. Immer wieder höre ich als Vorsitzender in schlechten Fangjahren das Gejammer einiger Mitglieder, dass kein Fisch im Gewässer sei und gefangen würde ja auch nichts und dass das Ganze den Beitrag und die Kosten für die Angelkarte nicht mehr wert sei. Was aber ist mit dem Freizeitwert des Angelns, den vielen Stunden in der Ruhe der heimischen Natur? Haben die etwa keinen Wert? Geht es nur um Kilogramm gefangenen Fischs? Fragen, die sich der gemeine Kochtopfangler einmal stellen sollte.
Aber es ist wie mit vielen Dingen im Leben – alles hat seine Kehrseite…
Mit dem Begriff Freizeitwert habe ich aber einen guten Aufhänger, um überzuleiten zum anderen Extrem in der Anglerschaft – dem „absoluten Naturfreund“, der gefangene Fische nicht verwertet, sondern diese immer wieder ins Gewässer zurücksetzt, neudeutsch Catch & Release genannt. Im ersten Moment denkt man: „Tolle Sache!“ – aber es ist wie mit vielen Dingen, alles hat seine Kehrseite. Der Catch & Release Angler ist ein Produkt unserer modernen leistungs- und freizeitorientierten Gesellschaft. Der Freizeitwert eines Hobbys gewinnt in unserem stressgeplagten Arbeitsleben immer mehr an Bedeutung. Viele angeln, um die Natur zu genießen und vom Alltag auszuspannen und das so oft wie möglich. Das so schnell eine Menge Fisch bei einem erfolgreichen Angler zusammenkommt ist klar. Was also damit tun, wenn nicht verwerten? Klar, wir sind Naturschützer und wollen unsere Fischbestände erhalten, also zurück ins Wasser mit dem Prachtexemplar.
Zusätzlich angespornt werden viele Mitglieder der Catch & Release Gemeinde von den modernen sozialen Medien. Es ist toll, binnen Sekunden mit Freunden die Freuden eines tollen Fangs zu teilen. So hat sich aber auch schnell eine Leistungskultur im Angeln entwickelt – auch hier zählt nur höher schneller und weiter. Schaut her, meiner ist ein paar Zentimeter länger als eurer… Das Foto beweist es ja schließlich und dann geht es für den Fisch wieder zurück ins kühle Nass, am besten noch mit einem Kuss auf die schuppige Fischhaut. Wenn all das wirklich so naturfreundlich ist, warum machen dann plötzlich Tierschutzrechtler und andere Naturschutzverbände Jagd auf uns Angler?
Die Antwort verbirgt sich im Wort Tierschutz. Sicherlich setzen wir unsere Fische immer wieder sorgsam und möglichst unverletzt ins Wasser. Wir nutzen spezielle Abhakmatten, um die empfindliche Schleimhaut der Fische zu schonen oder setzen zum Fang Schonhaken ohne Widerhaken ein. Was also stört den Tierschutz an unserem Handeln? – Es ist schlicht und einfach der Umgang mit dem Lebewesen Fisch. Wir Angler angeln nicht mehr, um unsere Speisekarte zu bereichern und ein Lebensmittel zu gewinnen. Nein, wir angeln aus Spaß an der Freude oder schlimmer noch aus dem Leistungsgedanken heraus, den größten Fisch zu fangen – und das alles auf Kosten unserer Fische, die wir doch eigentlich hegen und pflegen wollten.
Ein Fisch ist ein Lebewesen, ein empfindsames noch dazu. Das sollten wir uns vor Augen halten, wenn wir mal wieder den nächsten Zander im Stausee aus 40 Metern Tiefe nach oben pumpen. Der Drill verursacht Stress beim Fisch, es werden Hormone ausgeschüttet und die Fluchtinstinkte eingeschaltet. Der Fisch kämpft um sein Leben, er weiß ja nicht, dass er ein paar Minuten später wieder frei schwimmen kann. All das schwächt den Fisch, macht ihn anfällig für Krankheiten, für die Angriffe von natürlichen Predatoren, wie den Kormoran. Wenn wir als Angler dann auch noch nachlässig sind beim Umgang mit dem Tier, dann sind Verpilzung und ein langsamer Tod vorprogrammiert. Ich verstehe in diesem Punkt auch nicht, warum immer wieder Studien über das Schmerzempfinden von Fischen durchgeführt werden. Im Drill ist deutlich zu sehen, dass sich der Fisch dieser Situation entziehen will, er kämpft mit Leibeskräften und Schmerzen sind da logische Folge. Wer in seinem Leben schon einmal in einer Kampfsituation war, der weiß das. Selbst nach wenigen Sekunden Kampf und einer kurzen heftigen Flucht schmerzt der gesamte Körper. Im Selbstversuch kann man das einmal ausprobieren. Einfach mal die nächste Treppe in der Stadt zehn mal volle Pulle rauf und runter – da pfeift nicht nur die Lunge, sondern sie brennt und die Beine wird man auch kräftig spüren, ist man nicht gerade gut trainiert.
Und was ist der Zweck, der hinter all dem steht? Die Befriedigung unserer Triebe. Egal ob es nur das Gefühl beim Fischfang ist, die Aufregung wenn es in der Rute beim Biss kräftig ruckt oder der Fame, den man in der Fangemeinde der sozialen Medien abgreift – das alles sind persönliche Bedürfnisse, für die das Tier leiden muss. Bei einer Verwertung ist das mit Sicherheit nicht anders, aber in diesem Falle wird das Tier waidgerecht zum Zwecke der Nahrungsgewinnung getötet. Immerhin ein wichtiges Grundbedürfnis des Menschen. Schaut man sich einmal die Bedürfnispyramide des Soziologen Maslow an, so findet man Nahrungserwerb in der breiten Basis der Pyramide, sie ist lebensnotwendig. Die Selbstverwirklichung, also auch die Anerkennung durch andere Menschen, steht ganz oben an der Spitze. Sie ist lediglich das Sahnehäubchen, das I-Tüpfelchen in unserem Leben, auf das man durchaus auch einmal verzichten kann und hin und wieder auch sollte.
Spätestens jetzt sollte jedem klar sein: Wer Catch & Release betreibt, angelt um des Angelns Willen und fügt einem Lebewesen Stress und Schmerzen ohne triftigen Grund zu. Und genau das ist es, was die Tierschützer auf uns Angler aufmerksam macht und immer wieder veranlasst Anzeigen wegen Tierquälerei gegen Petri-Jünger zu erstatten.
Die Jägerschaft hat diese Probleme nicht. Warum? Weil die Ausübung der Jagd immer final ist. Entscheidet sich ein Jäger ein angesprochenes Stück Wild zu erlegen, so wird es sofort getötet (sofern der Jäger natürlich sein Handwerk versteht) und einer Verwertung zugeführt. Dies geschieht innerhalb von Sekunden, ohne Stress und Leiden des Tieres. Wir Angler hingegen müssen unsere Beute erst fangen und können dann entscheiden, ob wir das Tier töten, oder es zurücksetzen. Egal wie wir uns entscheiden, das Tier hat bereits Stress und Schmerzen erlitten.
Was aber nun ist der Ausweg aus dieser Misere und was ist mit der dritten Gruppe von Anglern? Fakt ist: Wir können keinen Raubbau an unseren Gewässern treiben und jeden Fisch, den wir fangen entnehmen. Das Hobby Angeln wird immer populärer und die Zahl der Angler steigt stetig an. Es ist klar, dass das schnell zu einer Überfischung insbesondere empfindlicherer Gewässer führt. Auch durch Hege und insbesondere Besatz ist dieses Defizit nicht auszugleichen. Letztlich würden hierdurch viele natürliche Gewässer zu einem Angelpuff degradiert, was definitiv nicht Sinn und Zweck der Sache ist. Wie oben angeführt, können wir aber auch nicht einfach jeden Fisch zurücksetzen.
Wer – wenn nicht wir – kümmert sich um unsere Fischbestände…
Ich selbst zähle mich zur Gruppe der Angler, die irgendwo in der Mitte zwischen beiden Extremen rangiert. Ich esse hin und wieder gern Fisch, insbesondere, wenn er frisch auf den Teller kommt. Aber ich habe auch erkannt, dass es nicht sinnvoll ist, jeden gefangenen Fisch zu entnehmen. Ich spreche hier insbesondere von den produktiven Fischen, die auf natürliche Weise für eine gesunde und zahlreiche Nachkommenschaft in den Fischbeständen sorgen. Es ist inzwischen nachgewiesen, dass zum Beispiel Hechte der Größen 60-90 cm die höchste Nachkommensrate erzielen. Ebenso ist es bei den meisten anderen Fischarten. Die Tiere, die ein bis zwei Jahre über der Geschlechtsreife sind, sind die Produktivsten, aber auch die Tiere mit dem besten genetischen Bestand, schließlich haben sie im Gewässer schon 4-5 Jahre überlebt. Im höheren Alter nimmt diese Produktivität dann wieder ab. Von diesem Gesichtspunkt her empfinde ich es als sinnvoll, eben diese Tiere zurückzusetzen. Man spricht auch von sogenannten Entnahmefenstern. Fische unterhalb des gesetzlichen Schonmaßes müssen zurückgesetzt werden. Fische darüber sollen entnommen und verwertet werden. Produktive Exemplare einer Art von einer bestimmten Größe sollten aber, sofern unverletzt, wieder in das Gewässer schonend zurückgesetzt werden, um den Bestand der Art zu wahren. In unserem Verein sieht das so aus, dass zum Beispiel die Forelle ein Schonmaß von 30cm hat. Fische im Maß von 45-60cm müssen ebenfalls zurückgesetzt werden, da sie wichtig für die Bestandssicherung sind. So ergibt sich ein Entnahmefenster für Exemplare von 30-45cm sowie über 60cm.
Zudem lehne ich es ab, jeden Tag ans Wasser zu rennen, um die Rute hineinzuhalten und einen Fisch zu fangen. Es ist wie mit allen schönen Dingen im Leben – man sollte beim Angeln maßvoll genießen. Ich muss keine hundert Zander, Forellen oder Hechte im Jahr fangen, um mir und anderen zu beweisen, was für ein toller Angler ich bin. Ich genieße die wenigen Stunden, die ich am Wasser habe ganz bewusst und ja, ein paar Forellen wandern auch in meine Pfanne. Aber es kann auch viel Freude mit sich bringen, sich um die Fischbestände zu kümmern, die Gewässer zu hegen und zu pflegen, letztlich für das Individuum Fisch einzustehen. In meiner Funktion als Vorsitzender eines Vereins habe ich im letzen Jahr rund 200 Stunden mit Vereinsarbeit verbracht. Etwa 20 Stunden blieben mir beim Angeln am Wasser. Dennoch bin ich glücklich mit meiner Arbeit und über das was wir geschaffen haben. Die Projekte des Vereins verschlingen viel Zeit, haben aber auch einen großen Nutzen und bringen dem Verein Anerkennung bei den Menschen unserer Region.
Warum also nicht auch an einem solchen Projekt beteiligen, mit und für unseren geliebten Fisch etwas tun und die Zukunft des Angelns sichern. Ich freue mich schon darauf, die ersten kleinen Fische in unserem neuen Bruthaus aus den Eiern schlüpfen zu sehen oder die Setzlinge dann zum Abwachsen in die umliegenden Bäche zu setzen, um so unsere derzeitigen Fischbestände zu stärken, den Bestand bedrohter Arten zu sichern oder gar Arten der berühmten roten Liste in unserer Saale wieder anzusiedeln. Ich denke, die Zukunft des Angelns liegt in einer ausgewogenen Kombination von Maßnahmen zum Bestands- und Naturschutz und einem sinnvoll gestalteten Entnahmemanagement durch die Anglerschaft. So schützen und erhalten wir unsere Fischbestände und genügen auch den Anforderungen des Tierschutzes. Vor allem aber haben wir uns selbst nichts vorzuwerfen und stärken die Akzeptanz der Anglerschaft in der Gesellschaft. Wer, wenn nicht wir kümmert sich um unsere Fischbestände? Das zeigt einmal mehr: Angeln ist heutzutage mehr, als nur Fische aus dem Wasser zu ziehen.
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